Vom Nachtleben in Trani und einer Geschichte zivilen Ungehorsams

Am späten Samstagnachmittag erreichen wir die hübsche Hafenstadt Trani, knapp 50 Kilometer nördlich von Bari. Durch enge Straßen manövrieren wir unser Wohnmobil zur Hafenmole, wo wir zu unserer Überraschung einen idealen Parkplatz finden, der sich auch zum Übernachten eignet – gleich neben einem  Camper aus Berlin. 

Wenig später ist an ein Wegkommen von diesem Platz auch nicht mehr zu denken, denn die Straßen an der Mole haben sich in kurzer Zeit mit fein herausgeputzten Menschen gefüllt, die flanieren, in den Bars feiern, essen gehen oder einfach nur gesehen werden wollen. Außer unseren Berliner Nachbarn treffen wir hier auf keine ausländischen Touristen. 

Wir mischen uns zwischen die Menschen, genießen den Sonnenuntergang auf der Promenade vor der Kathedrale, die laue Sommernacht und den Vollmond über dem Hafen. Todmüde fallen wir um Mitternacht ins Bett, während um uns herum noch bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wird. 

Am Morgen werden wir von kreischenden Möwen geweckt, die uns daran erinnern, dass wir direkt am Meer sind. Inzwischen ist es um uns herum ruhig geworden. Auch unsere Berliner Nachbarn sind verschwunden – ihnen war es wohl zu laut. Der Parkplatz hat sich geleert und auch die letzten Nachteulen liegen vermutlich in ihren Betten. Statt dessen sind die ersten Jogger unterwegs und einige Angler, die in den frühen Morgenstunden auf einen guten Fang hoffen. 

Wir erleben die Schönheit des erwachenden Morgens und für mich, als ausgewiesene Langschläferin, ist dieses Erlebnis eine neue Motivation, ab und zu den inneren Schweinehund zu überwinden und den Tag früh zu beginnen. 

Trani ist übrigens auch durch den Film „Das Wunder von Trani“ bekannt geworden, in dem von einer wahren Begebenheit im zweiten Weltkrieg erzählt wird. Nachdem 1943 fünf Wehrmachtssoldaten aus dem Hinterhalt erschossen worden waren (wie sich nachträglich herausstellte nicht durch die italienische Resistenza, sondern durch britische oder kanadische Soldaten), wurden 54 Männer aus der Stadt auf dem Marktplatz zusammengetrieben, wo sie standrechtlich erschossen werden sollten, gemäß der Parole für jeden getöteten deutschen Soldaten zehn Zivilisten zu töten. Der Bürgermeister der Stadt und der Erzbischof stellten sich vor die Männer und verhandelten mit dem deutschen Oberleutnant Friedrich Kurtz, der für die Ausführung der Erschießung zuständig war. Kurtz hob den Erschießungsbefehl schließlich auf, gab den Befehl zum Abrücken und widersetzte sich dadurch den Anweisungen der obersten Heeresleitung. Kurtz erhielt zur Strafe einen Beförderungsstopp, Amöglicherweise wurde er auch strafversetzt. Schlimmeres blieb ihm erspart. Er starb 1983 in Annweiler. Es war also tatsächlich möglich, sich Befehlen zu widersetzen, ohne mit dem Tod bestraft zu werden. Andreas Moser schreibt in seinem Blog, dass bei  der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen „keine Fälle von deutschen Soldaten bekannt sind, die hingerichtet wurden, weil sie offensichtlich rechtswidrige Befehle, wie z.B. zur Massenerschießung von Zivilisten, nicht ausführten“ (https://andreas-moser.blog/?s=Friedrich+kurtz&submit=Suchen). An das Ereignis in Trani erinnert ein Denkmal auf der Piazza della Repubblica, auf dem auch der Name von Kurtz eingraviert ist.

Übernachtung: Parkplatz am Hafen von Trani