Tibetische Brücke und kuriose Fresken im Tessin

Auf dem Weg nach Hause wollen noch einen kurzen Abstecher ins Tessin machen. Unser ursprüngliches Urlaubsziel haben wir wegen der starken Regenfälle vor fünf Wochen in einem Rutsch passiert und sind der Sonne entgegen ganz spontan nach Italien gereist. Nun sind wir auf dem Rückweg und nähern uns bei blauem Himmel der Schweiz. Auf der SP69 fahren wir auf der wunderschönen Panoramastrasse entlang des Lago Maggiore. Die letzte Nacht in Italien verbringen wir kurz vor der Grenze im schönen Städtchen Maccagno con Pino e Veddasca,  auf einem Parkplatz direkt am Seeufer. Am frühen Morgen werden wir von den Schülerinnen und Schülern der Surfschule geweckt, die auf dem Parkplatz neben uns schon um 6 Uhr ihre Ausrüstung auspacken. Es ist windig, der See ist rauh und die Wellen schlagen an die Ufermauer, ideales Wetter für die Kite- und Windsurfer. Von Nordosten ziehen dunkle Wolken auf. Das Thermometer zeigt um 8 Uhr 19°C – Temperaturen an die wir uns nach der Hitze auf Sizilien erst wieder gewöhnen müssen. Bevor wir in die Schweiz einreisen, füllen wir noch unseren Kühlschrank und die Vorratskiste auf, denn bei den Eidgenossen ist bekanntlich alles viel teurer. Ein paar Kilometer weiter überqueren wir die Grenze – jetzt sind wir im Tessin und die Sonne scheint. Eine Bergwanderung bei Sementina führt uns auf schattigen Wegen und Treppen hinauf zur Tibetischen Brücke, einer 270 Meter langen Hängebrücke, die in 130 Meter Höhe über ein tiefes unwegsames Tal führt. Schmetterlinge umflattern uns und Salamander huschen vor uns über den Weg, begleitet vom Plätschern der Brunnen an denen wir uns unterwegs immer wieder mit kaltem Quellwasser erfrischen können.

Im kleinen Bergdorf Curzùtt, mit den für diese Gegend typischen Häusern aus Naturstein, ist die romanische Kapelle San Barnàrd ein besonderes Juwel. Die Fresken an Innen- und Außenwänden aus dem 15. Jahrhundert zeigen sehenswerte, teilweise kuriose biblische Motive, wie zum Beispiel das Heilige Abendmahl bei dem der Apostel Johannes wie ein Schlafender oder Betrunkener über dem Tisch hängt auf dem ein gebratenes Schwein angerichtet ist – für Juden eine höchst ungewöhnliche Speise. Von Curzùtt bringt uns eine Kleine Seilbahn zurück ins Tal.

Bellinzona, die Hauptstadt des Kantons Tessin, ist vor Allem bekannt durch die vielen Burgen, die zu einer Befestigungsanlage aus dem 15. Jahrhundert gehören. Vom Castelgrande, der größten Burganlage, haben wir einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt und das Tal. „You can’t always get what you want“  klingt von einer der Open-Air-Bühnen aus der Altstadt herauf in den Burghof.  Die Live-Musik, die am Dienstag Abend auf mehreren Bühnen präsentiert wird, erreicht kein großes Publikum – kein Wunder, bei diesem Überangebot in der kleinen Stadt, bei dem sich die Bands gegenseitig übertönen.

Übernachtungsplätze

Maccagno con Pino e Veddasca (Italien): Parkplatz an der Seepromenade kurz vor dem Campingplatz

Bellinzona: städtischer Wohnmobilstellplatz am Sportzentrum

Ländliche Idylle und Geschichten von der Mafia

Von Agrigento kurven wir auf der Landstraße über die Berge. In der Ferne sehen wir Rauchwolken von kleineren Buschfeuern in den Himmel steigen. „I‘m slowing down the tune, I‘ve never liked it fast“ singt Leonard Cohen, während wir gemächlich durch eine Landschaft mit abgeernteten leuchtend gelben Getreidefeldern und Olivenhainen quer über die Insel nach Cefalù fahren. Die kleine Stadt am Meer, die sich an die steile Felswand des Rocca di Cefalù schmiegt, zieht wegen ihrer Lage und der schönen Strände viele Touristen an. Am Abend schieben sich Menschenmassen durch die Gassen der mittelalterlichen Altstadt. Die Leute drängeln sich auf der Uferpromenade, um den Untergang der glutroten Sonne über dem Tyrrhenischen Meer zu bewundern. 

Nach dem Sonnenuntergang greifen wir zu unseren Masken und sehen zu, dass wir zurück zu unserem Campingplatz kommen, wo der Primitivo beim Geräusch der Wellen und in Gesellschaft unserer Campingnachbarn besonders gut schmeckt. 

Die Fahrt zum Hafen von Palermo am Sonntagvormittag ist wider Erwarten sehr entspannt – kein Verkehrschaos, keine unberechenbaren Moped- und Rollerfahrer/innen – nur auf der Gegenfahrbahn kommt uns eine Blechlawine entgegen, die aus der heißen Stadt herausrollt. Ganz Palermo scheint heute hinaus an die Strände zu fahren. Die Stadt wirkt fast ein wenig verschlafen, auch auf dem Platz vor dem großen Theater geht es sonntäglich ruhig zu. In der Via Vittorio Emanuele, in der zahlreiche Sehenswürdigkeiten zu bestaunen sind, wird es etwas voller – hier beherrschen die Touristen das Straßenbild. Ein außergewöhnliches Bauwerk ist die fast 1000 Jahre alte Kirche San Cataldo, die von byzantinischen und arabisch-islamischen Einflüssen geprägt ist.

An einem heißen Tag wie heute lädt der schattige Park am Palazzo Reale mit den hochgewachsenen Palmen zu einer Ruhepause ein. Das Zirpen der Insekten und das Zwitschern der Vögel lässt mich schnell vergessen, dass ich mich mitten in Palermo befinde. Das wird mir spätestens wieder im „No Mafia Memorial“ in Erinnerung gerufen. In dem kleinen Museum, das mit anschaulichen Bildern, Filmen und interessanten Geschichten die Entwicklung der Mafia bis heute aufzeigt, erregt vor allem der Vergleich mit der Dreieinigkeit meine Aufmerksamkeit. „We are a single body, bandits, police and Mafia, like the Father, the Son and the Holy Ghost“ das sagte Pisciotta, ein Bandit aus den Reihen der Mafia in einem Prozess 1950, in dem er wegen eines Massakers zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Pisciotta machte zum ersten Mal die Verbindung der Mafia zu hochrangigen Politikern öffentlich. Die Hintermänner des Massakers aus der Christlich Demokratischen und der Monarchistischen Partei blieben damals unbehelligt und brachten Pisciotta, den „Judas“, endgültig zum Schweigen, indem sie ihn im Gefängnis mit Strychnin vergifteten. Interessant finde ich auch die Geschichte von Peppino. Der Sohn eines Mafioso und Neffe eines Mafiabosses, den der Vater mit aller Macht zu seinem Nachfolger machen wollte, entwickelte sich in eine ganz andere Richtung. Er widmete sein ganzes Leben dem politischen und kulturellen Kampf gegen die Mafia, nachdem sein Onkel in einer internen  Auseinandersetzung der Mafia ermordet worden war. Auch Peppino, der mit bürgerlichem Namen Guiseppe Impasato hieß, wurde 1978 im Alter von nur 30 Jahren bei einem Bombenattentat von der Mafia ermordet.

Sobald wir auf der Fähre nach Genua sitzen, werde ich Peppinos Geschichte genauer recherchieren. Die Überfahrt dauert 20 Stunden, ich habe also mehr als genug Zeit.

Übernachtungsplätze

Cefalù: Camping San Filippo

Genua: Camping Villa Doria in Pegli

Auf den Spuren der alten Griechen in Syrakus und Agrigent

Auf der Isola di Ortigia in der Altstadt von Syrakus, haben wir einen idealen Übernachtungsplatz auf einem Parkplatz direkt am Meer ausfindig gemacht. Ein vermeintliches Obdachlosenlager in unserer unmittelbaren Nachbarschaft stimmt mich zunächst etwas skeptisch. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese „Schlafstatt“ aber als kommunale registrierte Katzenkolonie.  In improvisierten Boxen, die mit Wolldecken abgedeckt sind, finden die Tiere Schutz vor der glühenden Hitze und auf Schildern, die darüber angebracht sind wird die Bevölkerung gebeten die heimatlosen Katzen zu füttern. Am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang sind bereits die ersten Tierfreunde unterwegs, um die Futterschalen zu füllen, lange bevor wir unser Frühstück mit Blick zum Hafen genießen und zu unserem archäologischen Spaziergang aufbrechen.

Der archäologische Park von Syrakus, der etwas außerhalb des Stadtzentrums liegt, ist eine Grünanlage mit zirpenden Insekten, schattenspendenden Bäumen, Pinien, Rosmarinbüschen, Feigenkakteen und der ganzen Vielfalt der mediterranen Pflanzenwelt. Trotz der immer noch recht hohen Temperaturen von weit über 30° C empfinden wir den Rundgang durch die Fragmente der ehemals grössten und schönsten Stadt der Griechen als wohltuend. In den Felshöhlen der Nekropole finden wir immer wieder Schattenplätzchen zum Ausruhen und im Ohr des Dionysos ist es sogar richtig kühl. Der Legende nach nutzte der Tyrann die aus dem Fels gehauene Grotte als Gefängnis,  in dem er aufgrund der guten Akustik, die Gefangenen durch ein Loch in der Decke von außen belauschen konnte. Im Griechischen Theater aus dem 5.Jahrhundert vor Christus, sind die Bühnenbauer gerade dabei riesige Kulissen für das nächste Theaterstück aufzubauen.  Wie vor 2500 Jahren wird demnächst „Die Orestie“ des Aischylos hier aufgeführt.

Auch weiter südlich in Agrigent wandeln wir auf den Spuren, die die alten Griechen auf Sizilien hinterlassen haben. Wir haben Glück, denn die archäologische Anlage im „Tal der Tempel“ hat zur Zeit wegen eines Musikfestivals bis kurz vor Mitternacht  geöffnet, so können wir in der lauen Sommernacht die Überreste der einst mächtigsten griechischen Stadt auf Sizilien bewundern. Besonders imposant ist der Concordia Tempel, einer der am Besten erhaltenen Tempel der griechischen Antike.

Übernachtungsplätze

Syrakus: Grosser Parkplatz am Fischerhafen Lungomare di Levante Elio Vittorini 

Agrigento: Camping Valle di Templi

Die Hitze, der Vulkan und das blaue Meer – wir sind in Sizilien

Die Nachrichten kündigen für die nächsten Tage eine extreme Hitzewelle an und berichten von teils unkontrollierbaren Waldbränden. „Katastrophale Sahara-Hitze überrollt Europa – Bis 50 Grad möglich!“ titelt der Wetterdienst von FOCUS Online am 28.Juli 2021. Wir sind auf dem Weg in die Stadt Villa San Giovanni, von wo die Fähre nach Sizilien ablegt. Das Thermometer zeigt 41°C. In Cosenza verdunkelt dunkler Rauch für kurze Zeit die Sonne – oben am Hang scheint sich nahe der Stadtgrenze ein Waldbrand auszubreiten. Etwas weiter südlich, an der Küste des Thyrrenischen Meeres, sinken die Temperaturen auf 35 Grad – das empfinden wir fast schon als Abkühlung. Auf der Küstenstraße reihen sich die Tunnel endlos aneinander. Wir fahren vorbei an steilen Berghängen; tief unter uns liegt das blaue, klare Meer.  Die Überfahrt nach Messina auf Sizilien dauert nur eine knappe halbe Stunde. Auf dem Wohnmobilstellplatz in Sant’Alessio Siculo, einem ehemaligen Fischerdorf, werden wir von Capitano Nino mit selbst geernteten Pomodori e Limoni  begrüßt – welch freundlicher Empfang auf dieser Insel.

Im 10 Kilometer entfernten Taormina wandeln wir auf Goethes Spuren. „Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: hier ist erst der Schlüssel zu allem.“ schrieb Goethe über seine Italienreise. Der tropische Garten auf der Isola Bella und der Blick auf die Bucht von Mazzaro erinnern mich an romantische Malereien. Mit der Seilbahn fahren wir hinauf auf den Monte Tauro in die Altstadt von Taormina, schlendern abends durch die belebten Gassen und bewundern all die hübsch zurecht gemachten Menschen, zwischen denen ich mich wie ein hässliches Entlein fühle. Ich nehme mir vor, mir endlich ein neues Outfit zulegen.

Im Antiken Theater Taormina wird heute Verdis „La Traviata“ aufgeführt, das Bühnenbild ist bereits aufgebaut. Eine schönere Kulisse als dieses beeindruckende Bauwerk, inmitten von Zypressen und Feigenkakteen, mit Blick aufs blaue Meer und dem Ätna im Hintergrund, kann ich mir kaum vorstellen.

Der Vulkan ist nur eine Autostunde von unserem Wohnmobilstellplatz entfernt. Die Fahrt zur Seilbahn führt uns durch eine Landschaft aus schwarzem Vulkangestein. An der Bergstation in 2500 Meter Höhe  lindert der Wind die Hitze ein wenig, so dass wir uns eine kurze Bergwanderung zutrauen. Vom Rand eines kleinen Nebenkraters können wir gut beobachten, wie schwache Rauchwolken aus dem Gipfelkrater in den blauen Himmel aufsteigen. Ein starker Wind bläst mich fast vom Kraterrand.
Am nächsten Tag liegt schwarzer Staub auf unseren Campingtischen und -stühlen. Rauchwolken verdunkeln den Himmel über dem Ätna, der in den Staubwolken kaum mehr zu erkennen ist. Der Vulkan war in der letzten Nacht ganz offensichtlich aktiv. Schade, dass wir das Schauspiel verpasst haben. Heute fahren wir weiter Richtung Süden nach Syrakus.

Übernachtung:

Sant’Alessio Siculo: Wohnmobilstellplatz Triscell

Von Trulli und Sassi – unterwegs in Alberobello und Matera

Die Altstadt von Alberobello erwacht am Abend. Einer Filmkulisse gleich schmiegen sich die kegelförmigen Dächer, der so genannten Trulli an die Hänge zu beiden Seiten der  Hauptstraße. Während in den Souvenirläden und Lokalen entlang der Hauptstraße des Trulli-Viertels viel Trubel herrscht, sind wir in den Seitengassen manchmal ganz alleine unterwegs und fühlen uns in eine andere Zeit und Welt versetzt. Die Trulli, die früher überwiegend von armen Bauern bewohnt oder als Ställe für die Tiere benutzt wurden, sind heute in Alberobello zu schmucken Touristenunterkünften heraus geputzt. 1500 der in prähistorischer Trockenbauweise erstellten Rundhäuser kann man allein in Alberobello noch bewundern.

Am nächsten Morgen steuern wir die 70 Kilometer entfernte Stadt Matera an, die für eine ganz andere Bauweise bekannt ist. Unser Thermometer zeigt 41 Grad, jeder Schritt den wir uns bewegen ist einer zu viel. Den Stadtspaziergang schieben wir deshalb notgedrungen noch etwas auf.  Unseren schattigen Agriturismo Wohnmobilstellplatz verlassen wir erst am frühen Abend, als die Temperaturen auf „erträgliche“ 38 Grad gesunken sind.

Schon der erste Eindruck von Matera ist atemberaubend. Von den Aussichtsterrassen der Oberstadt fällt der Blick auf die tieferliegenden Sassi, die Höhlensiedlungen, die an den steilen Felshängen zu kleben scheinen, tief unten die Schlucht Gravina di Matera und auf einem Felsen thronend die Kirche Santa Maria di Idris. Alleine die Felsenkirchen Materas sind einen Besuch wert.  Der Weg hinunter zu den Sassi führt uns über Treppen und steile Gassen in eine andere Welt. Die Häuser, die überwiegend aus Sand und Tuffstein erbaut und teilweise in den Fels gehauen wurden, geben der Stadt einen ganz eigenen Charakter. 

In der Karstlandschaft in und um die Weltkulturerbestadt Matera lebten die armen Bauern zusammen mit ihren Tieren noch bis in die 1950er Jahre In Höhlen. Der Besuch der ehemaligen Höhlenwohnung von Vico Solitario und seiner Famile bringt uns etwas Abkühlung. Am liebsten würde ich mich auf dem Familienbett der kühlen Wohnstatt etwas ausruhen, aber die nächste Gruppe artet schon, um die aussergewöhnliche Wohnstatt in Augenschein zu nehmen. Eine der zahlreichen Osterien in den Altstadtgassen ist dann doch die bessere Wahl für eine Ruhepause und Stärkung mit Orechiette und einem kalten Weißwein aus der Basilikata.

Übernachtung

Alberobello: Campingplatz Via Bosco Selva, schattig, 30 min Fußweg zur Altstadt

Matera: Agriturismo Stellplatz, 27 Contrada Chancalata, schattig, etwas außerhalb der Stadt 

Immer am Meer entlang nach Bari – es gibt nur ein Thema: die Hitze

Die Temperaturen steigen von Tag zu Tag – heute, am Sonntag bis auf 38 Grad. Auch der Fahrtwind bringt keine Abkühlung, fühlt sich eher an wie ein Haarfön auf mittler Stufe – jetzt ist wirklich die Klimaanlage gefragt. Unser Zwischenstopp im schönen Molfetta fällt kürzer aus als geplant, denn selbst in den schattigen Gassen ist es inzwischen unerträglich heiß. Jeder Schritt treibt zusätzlichen Schweiss auf die Stirn. Auf einen Spaziergang durch das Städtchen Giovinazzo verzichten wir ganz – wir gönnen uns lieber eine längere Erfrischungspause direkt am Meer.

Am Nachmittag erreichen wir Bari – unser Übernachtungsplatz bietet leider auch kein Schattenplätzchen. Der Spaziergang in die Altstadt ist anstrengend und wir lechzen nach Erfrischung. Nach Einbruch der Dunkelheit wird es besser – jetzt füllen sich die Gassen der Altstadt.  Einige Frauen sind noch mit der Herstellung  ihrer Nudeln beschäftigt oder gerade dabei, ihre provisorischen Nudelverkaufstische  wegzuräumen. Andere sitzen schon mit ihren Nachbarinnen vor ihren Häusern und genießen den Feierabend, vereinzelt noch in Küchenschürzen und mit Plastikhandschuhen. Männer stehen oder sitzen rauchend auf den Plätzen und genießen die leichte Abkühlung am Abend. Inzwischen sind auch die Restaurants gut besucht.

Um Mitternacht zeigt das Thermometer immer noch 30 Grad. Bei diesen Temperaturen hält uns nichts mehr in der schönen Stadt. Für etwas Abkühlung sorgen am nächsten Tag eine leichte  Brise an der felsigen Bucht von Monopoli und unsere eisgekühlte Wassermelone. Ein Glück, dass wir am Nachmittag einen schattigen Campingplatz in Alberobello finden, auf dem wir die Beine lang machen können.

Übernachtung

Bari: Hobby Park, Via Carabiniere Giovanni del Conte – bewachter Parkplatz mit Wohnmobilbereich – kein Schatten 

Alberobello: Campingplatz Via Bosco Selva, schattig, 30 min Fußweg zur Altstadt

Vom Nachtleben in Trani und einer Geschichte zivilen Ungehorsams

Am späten Samstagnachmittag erreichen wir die hübsche Hafenstadt Trani, knapp 50 Kilometer nördlich von Bari. Durch enge Straßen manövrieren wir unser Wohnmobil zur Hafenmole, wo wir zu unserer Überraschung einen idealen Parkplatz finden, der sich auch zum Übernachten eignet – gleich neben einem  Camper aus Berlin. 

Wenig später ist an ein Wegkommen von diesem Platz auch nicht mehr zu denken, denn die Straßen an der Mole haben sich in kurzer Zeit mit fein herausgeputzten Menschen gefüllt, die flanieren, in den Bars feiern, essen gehen oder einfach nur gesehen werden wollen. Außer unseren Berliner Nachbarn treffen wir hier auf keine ausländischen Touristen. 

Wir mischen uns zwischen die Menschen, genießen den Sonnenuntergang auf der Promenade vor der Kathedrale, die laue Sommernacht und den Vollmond über dem Hafen. Todmüde fallen wir um Mitternacht ins Bett, während um uns herum noch bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wird. 

Am Morgen werden wir von kreischenden Möwen geweckt, die uns daran erinnern, dass wir direkt am Meer sind. Inzwischen ist es um uns herum ruhig geworden. Auch unsere Berliner Nachbarn sind verschwunden – ihnen war es wohl zu laut. Der Parkplatz hat sich geleert und auch die letzten Nachteulen liegen vermutlich in ihren Betten. Statt dessen sind die ersten Jogger unterwegs und einige Angler, die in den frühen Morgenstunden auf einen guten Fang hoffen. 

Wir erleben die Schönheit des erwachenden Morgens und für mich, als ausgewiesene Langschläferin, ist dieses Erlebnis eine neue Motivation, ab und zu den inneren Schweinehund zu überwinden und den Tag früh zu beginnen. 

Trani ist übrigens auch durch den Film „Das Wunder von Trani“ bekannt geworden, in dem von einer wahren Begebenheit im zweiten Weltkrieg erzählt wird. Nachdem 1943 fünf Wehrmachtssoldaten aus dem Hinterhalt erschossen worden waren (wie sich nachträglich herausstellte nicht durch die italienische Resistenza, sondern durch britische oder kanadische Soldaten), wurden 54 Männer aus der Stadt auf dem Marktplatz zusammengetrieben, wo sie standrechtlich erschossen werden sollten, gemäß der Parole für jeden getöteten deutschen Soldaten zehn Zivilisten zu töten. Der Bürgermeister der Stadt und der Erzbischof stellten sich vor die Männer und verhandelten mit dem deutschen Oberleutnant Friedrich Kurtz, der für die Ausführung der Erschießung zuständig war. Kurtz hob den Erschießungsbefehl schließlich auf, gab den Befehl zum Abrücken und widersetzte sich dadurch den Anweisungen der obersten Heeresleitung. Kurtz erhielt zur Strafe einen Beförderungsstopp, Amöglicherweise wurde er auch strafversetzt. Schlimmeres blieb ihm erspart. Er starb 1983 in Annweiler. Es war also tatsächlich möglich, sich Befehlen zu widersetzen, ohne mit dem Tod bestraft zu werden. Andreas Moser schreibt in seinem Blog, dass bei  der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen „keine Fälle von deutschen Soldaten bekannt sind, die hingerichtet wurden, weil sie offensichtlich rechtswidrige Befehle, wie z.B. zur Massenerschießung von Zivilisten, nicht ausführten“ (https://andreas-moser.blog/?s=Friedrich+kurtz&submit=Suchen). An das Ereignis in Trani erinnert ein Denkmal auf der Piazza della Repubblica, auf dem auch der Name von Kurtz eingraviert ist.

Übernachtung: Parkplatz am Hafen von Trani

Der Duft von Pinien, malerisch Städte und exzellentes Zitroneneis – Unterwegs auf der Halbinsel Gargano

Betörender Pinienduft, zirpende Grillen, Olivenhaine, lange Sandstrände und steile ins Meer abfallende Berghänge – das ist die Halbinsel Gargano, der Sporn des italienischen Stiefels – nicht zu vergessen die wunderschönen Städte Rodi Garganici, Peschici und Vieste. Wir stehen mit unserem Wohnmobil tagsüber direkt am Meer und in der Nacht auf Campingplätzen oder Parkplätzen, wenige Schritte vom Strand entfernt. Mit dem Fahrrad radeln wir in die Altstadt von Rodi Garganici – nur drei Kilometer aber steil und anstrengend in der Hitze des Nachmittags. Alte Männer, die sich am Rand der Springbrunnen ausruhen oder sich in kleinen Runden auf den Plätzen mit Ausblick zum Meer versammeln und Frauen, die sich nach getaner Arbeit abends vor ihren Häusern zu einem Schwätzchen treffen, erfüllen das Städtchen mit Leben. Viele Touristen scheinen hier zurzeit nicht unterwegs zu sein.

Das Zitroneneis im Nachbarort Peschici schmeckt mir ganz besonders gut. „Fatto in casa da mia mamma“, lässt uns der Besitzer der Eisdiele nicht ohne Stolz wissen.Ein paar Kilometer weiter, in Vieste, sind die Strände und Strandbars am Fuß der weißen Kalksteinklippe gut besucht.  Besonders malerisch erstrahlt der Monolit „Pizzomunno“, das Wahrzeichen der Stadt, in der Sonne. Der freundliche Besitzer des Parkplatzes gegenüber vom Strand spricht deutsch. Er zeigt uns einen zerfledderten Zeitungsartikel aus der Pforzheimer Zeitung von 1978, auf dem er abgebildet ist: ein, wie es damals hieß, „Gastarbeiter“ der ersten Generation. Elf Jahre in Deutschland – eine Zeit, auf die er, wie er sagt, gerne zurückblickt. Der zerfledderte verblasste Zeitungsfetzen scheint das Beweisstück dafür zu sein.

Auf kurvenreichen Straßen mit atemberaubenden Ausblicken arbeitet sich unser Ducato hoch zum Wallfahrtsort Monte Sant Angelo, einem der ältesten Pilgerorte des Abendlandes. Hier soll 492 dem Hirten Angelus der Erzengel Gabriel erschienen sein. Die weiß getünchten Häuser der Altstadt schmiegen sich an den Berghang, als wollten sie all ihren Bewohnern den schönen Ausblick auf das blaue Meer ermöglichen. 

Wieder zurück an der Küste beenden wir unsere Umrundung der Halbinsel in Manfredonia. Die Stadt wurde übrigens von Manfred von Hohenstaufen, dem Sohn Friedrich II, im 13. Jahrhundert gegründet und nach ihm benannt. Besonders markant ist die Festung mit Blick auf den Hafen und die von Palmen gesäumte Promenade. Bei unserem nachmittäglichen Bummel durch die heiße Stadt weichen wir immer wieder den Wäscheständern aus, die überall auf Gehwegen und Straßen herumstehen. Der Geruch nach frisch gewaschener Wäsche wird mir von dieser Stadt in besonders angenehmer Erinnerung bleiben.

Übernachtungen: Rodi Garganici: Campingplatz Isola Bela, Lidi del Sole, 15 Via della MoreVieste: Parkplatz GIO, Lungomare E. Mattei 30 – gegenüber dem Strand 

Capitani Regenti, Befestigungstürme und die älteste Republik der Welt – ein Abstecher nach San Marino

Rechtzeitig zum Sonnenuntergang sind wir in San Marino. Die gleichnamige Hauptstadt des mit rund 60 qkm und 33 000 Einwohnern drittkleinsten Staates Europas, liegt malerisch auf dem Monte Titiano.  Der kleine Flächenstaat ist wie eine Insel von Mittelitalien umgeben. Von unserem Wohnmobilparkplatz aus sind wir mit der Seilbahn in wenigen Minuten oben in der Altstadt. Auf den drei Gipfeln des Monte Titiano überragen zwei Befestigungstürme und eine Burg die historische Altstadt und ermöglichen einen grandiosen Rundblick auf die Apenninen.

San Marino ist wahrscheinlich die älteste Republik der Welt, deren Gründung auf das Jahr 301 n.Ch. zurückgeht. Das kleine Land hat übrigens zwei gleichberechtigte Staatsoberhäupter, die sich gegenseitig kontrollieren sollen. Damit die so genannten Capitani Regenti nicht zu viel Macht erlangen, werden sie alle sechs Monate vom Parlament neu gewählt. Ein Modell, das sehr gut zu funktionieren scheint – San Marino hat immerhin keine Schulden, sehr wenig Arbeitslose und gehört zu den reichsten Ländern der Welt

Übernachtung: kostenloser offizieller landeseigener  Wohnmobilstellplatz im Grünen mit einfachen Toiletten, Strada della Baldasserona, unweit der Seilbahn in die Altstadt

Venedig – vom einvernehmlichen Zusammenleben heute und in der Zukunft   

Wenn ich an Venedig denke, denke ich zur Zeit vor allem an die Bilder der riesigen Kreuzfahrtschiffe in der Lagune, die bis vor kurzem noch wie Monster aus einer anderen Welt am Markusplatz vorbeizogen, den Himmel verdunkelten und dafür sorgten, dass das ökologische Gleichgewicht der Lagunenstadt gestört und historische Gebäude beschädigt wurden. Dank Corona ist es seit dem 1.8.2021 nun endlich den gigantischen Riesenschiffen untersagt in die Lagune einzufahren. Aber auch die Passagierschiffe und Frachter unter 25 000 Tonnen wirken auf mich noch wie schwimmende Hochhäuser, wenn sie direkt vor unserem Wohnmobil auf dem Campingplatz  Fusina direkt vor uns vorbeiziehen. Wir haben hier ein idyllisches Plätzchen mit Blick auf Venedig auf der anderen Seite der Lagune ergattert. Einen lauen Sommerabend lang können wir diesen Ort genießen –  so lange,bis sich rücksichtslose schwäbische Urlauber unmittelbar vor unserer Nase breit machen. Um Rücksichtnahme und das Zusammenleben in der Zukunft geht es übrigens auch bei der Biennale Architettura 2021, die  unter dem Motto „ How will we live together“ steht. Eine Fähre bringt uns am nächsten Morgen zur Promenade von Zattere, von wo aus wir durch die sehr belebten Gassen Venedigs zum Gelände der Biennale am anderen Ende der Insel bummeln.

Im Arsenale, den Hallen der ehemaligen Schiffswerft und im Biennale-Garten werden Visionen und Modellprojekte aus aller Welt zum Thema „Zusammenleben“ präsentiert. Es geht um das Zusammenleben von Mensch und Natur, um das Zusammenleben verschiedener Kulturen und um die Gestaltung von Lebensorten in der Zukunft. Wohnprojekte mit großen Gemeinschaftsflächen, in denen Privateigentum keine Rolle mehr spielt und sich die Bewohner_innen nicht vor einem Rausschmiss und Mieterhöhungen fürchten müssen werden ebenso vorgestellt, wie ökologische Siedlungen im Urwald und Visionen vom Leben im All. Der Erhalt unseres Planeten als gleichberechtigter Lebensraum für alle Menschen, Tiere und Pflanzen steht dabei immer im Mittelpunkt.  
Zwei Tage reichen bei weitem nicht aus, um sich der umfassenden Ausstellung gebührend zu widmen.

Auf dem Rückweg zur Fähre, beim abendlichen Bummel durch die Gassen Venedigs begegnen uns am Samstagabend auffällig viele festlich gekleidete Paare und Familien. Bemerkenswert finde ich  vor allem die vielen eleganten Venezianerinnen mit langen Kleidern, modischen Hüten und stylischen Handtaschen. Die ganze Stadt scheint unterwegs zu sein zur Eröffnung der Festa del Redentore, der alljährlich am dritten Juliwochenende stattfindenden Feierlichkeiten, bei denen in Venedig dem Ende der Pestwelle im Jahr 1577 gedacht wird. Wir beschließen, dem feierlichen Treiben fernzubleiben und lieber das Ende der Coronawelle abzuwarten. Inspiriert von den positiven Visionen vom Leben in der Zukunft fällt uns das nicht schwer.